Cannabis-Freigabe: Memorandum

Cannabis-Freigabe: Was ist geschehen? – Neue Gesetzgebung 2024

Der Deutsche Bundestag hat eine weitreichende Cannabis-Freigabe beschlossen. Mit Datum des 01. April 2024 wurde Cannabis von der Liste der verbotenen Substanzen im Betäubungsmittelgesetz gestrichen. Mit der Einführung des Cannabisgesetzes (CanG) wurden verschiedene Restriktionen aufgehoben betreffend den privaten Besitz, Anbau und den medizinisch-wissenschaftlichen Gebrauch von Cannabis in Deutschland unter bestimmten Voraussetzungen.

Illustration zu einem Blog-Artikel 'Memorandum Cannabis'; Ein Kiffer kifft und ein Nichtraucher muss passiv mitrauchen. Der rauchende Joint ist rot durchgestrichen. | Hugins-Blog.deKiff‘ mich nicht an!


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Inhaltsübersicht

Das CanG ist so formuliert, dass zuerst Verbote formuliert werden für Besitz, Anbau, Herstellung, Handel, Ein- und Ausfuhr, Ab- und Weitergabe, Verabreichung, Inverkehrbringung, Erwerb und Entgegennahme, und Extraktion von Wirkstoffen aus der Pflanze, und dann unter Bedingungen herausgestellt wird, was nun gesetzlich erlaubt ist:

Das Gesetz ist seit dem 1. April 2024 geltendes Recht. Mit behördlicher Erlaubnis ist damit der Umgang mit Cannabis zu wissenschaftlichen Zwecken erlaubt, der Besitz von 25 Gramm, bzw. in der Wohnung bis zu 50 Gramm (entspricht nach verschiedenen Quellen in etwa 150 Joints), der Eigenanbau von 3 Pflanzen, sowie mit Erlaubnis der gemeinschaftliche Eigenanbau in einer Anbauvereinigung. Anbauvereinigungen sind seit dem 1. Juli 2024 erlaubt. Diese dürfen dann an Mitglieder monatlich bis zu 50 Gramm abgeben.

Das Gesetz wurde durch weitere Gesetzesänderungen flankiert. Dazu gehört auch eine Schwelle an Konzentration im Blutserum für die Verkehrstüchtigkeit (3,5 ng/ml Tetrahydrocannabinol (THC)) ab einem Alter von 21 Jahren (sonst verboten). Dieser Grenzwert ist seit August 2024 inkraft. Bisher galt als Grenzwert 1 ng/ml.

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Cannabis-Freigabe: Die „Zweite Säule“ des Vorhabens?

Weitere Gesetzesinitiativen sollen folgen. Dabei ist von einem „Zwei-Säulen-Modell“ die Rede, deren zweite Säule auf den gewerblichen Handel zielt. So sollen zuerst Modellregionen eingerichtet werden, in denen Cannabis auch ohne Rezept in Apotheken und auch Fachgeschäften verkauft werden kann. Dabei sollen verschiedene Modelle des Vertriebs getestet werden, bei denen während des Modellversuchs zuerst nur registrierte Kunden unter wissenschaftlicher Begleitung des Tests an festen Verkaufsstellen ihre Droge kaufen können. Werden die Tests in den Modellregionen in jährlichen Evaluationen als erfolgreich angesehen, sollen die gewonnenen Erfahrungen nach 5 Jahren in eine neue allgemeine Gesetzgebung münden. Einige deutsche Großstädte haben sich bereits darum beworben, Modellregion zu werden.

Allerdings bestehen starke Zweifel an der Rechtmäßigkeit der zweiten Säule. Es gibt Zweifel daran, ob diese Kommerzialisierung eines legalisierten Drogenhandels überhaupt mit internationalem und mit europäischem Recht in Einklang gebracht werden kann. Im Oktober 2024 haben u.a. die Städte Hannover und Frankfurt bereits die Absicht bekundet und Konzepte vorgestellt, um ab Anfang 2025 als Vorreiter den ersten Modellversuch zu starten. Allerdings wurde seitens des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMLEH) noch keine Behörde benannt, die für die Genehmigung der Modellregionen zuständig sein soll. Daher konnten die Modellversuche noch nicht gestartet werden. Die neue Bundesregierung steht der neuen Cannabis-Gesetzgebung der Vorgängerregierung skeptisch gegenüber.

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Exkurs: Verschiedene Arten von Hanf

Das neue Cannabisgesetz greift strukturell die gängige Unterscheidung verschiedener Hanfarten auf. Es werden Nutzhanf, Medizinalhanf und Schwarzmarkthanf unterschieden.

Hanf ist eine vielseitige Pflanze: Nutzhanf

Der Anbau von Hanf (lateinisch: Cannabis) blickt auf eine lange Geschichte zurück. Die meisten Anwendungen haben eines gemeinsam: Sie erfolgen mit Nutzhanf. Da diesem der Wirkstoff THC fehlt, ist er für die Herstellung von Rauschmitteln nicht geeignet. Der Anbau von Nutzhanf war (Ausnahme: 1982 bis 1996) bereits vor der neuen Gesetzgebung zulässig und erfolgte landwirtschaftlich. Zu den Anwendungen gehörten historisch Seile und Segel für Segelschiffe, bis diese Ära durch die Dampfschifffahrt beendet wurde. Ebenso Stoffe und Kleidung, bis er durch Baumwolle abgelöst wurde, die früher industriell weiterverarbeitet werden konnte. Auch in der Bauwirtschaft wird Hanf unter anderem für Dämmmaterialien genutzt, ist aber teurer als andere Alternativen. Er kann auch für die Verarbeitung in Lebensmitteln oder Kosmetika genutzt werden. Von der Antike bis heute wird der Rohstoff in der Papierherstellung genutzt, da das Papier höherwertiger ist als Papier aus Holz.

Hanf ist eine vielseitige Pflanze: Medizinalhanf

Im Gegensatz zum Nutzhanf haben andere Hanfsorten einen reichen THC-Anteil und sind als Grundlage für Rauschmittel geeignet. Bereits seit der Antike wurde die Pflanze medizinisch genutzt. Erst im Jahr 1964 gelang es, den Wirkstoff Tetrahydrocannabinol, kurz „THC“, zu bestimmen.

Dem THC wird unter anderem zugeschrieben schmerzstillend, muskelentspannend und beruhigend zu wirken und den Appetit anzuregen. Als Nebenwirkungen gelten unter anderem Müdigkeit, Erbrechen, Durchfall und Schwindel. In wissenschaftlichen Studien geht man zwar von einer tatsächlichen Wirksamkeit aus, beschreibt diese aber als gering. Da es besser wirksame Alternativen gebe, sollte auf THC in der Regel nur im Einzelfall zurückgegriffen werden. Außerdem brächen viele Patienten eine Therapie mit Cannabis aufgrund der starken Nebenwirkungen ab. Gesichert ist aber, dass THC in psychische und körperliche Abhängigkeit führt, d.h. in die Drogensucht. Das Suchtpotential sei dabei höher als bei dem auch bekannten Arzneimittelmißbrauch von Schmerzmitteln.

Angewandt wird es in der Regel nicht über den bekannten Joint, sondern als Spray für die Mundhöhle, als Tropfen oder in Kapseln oder -weit unsicherer in der Wirkung- als Tee. In den vergangenen Jahren haben sich für Herstellung und Einfuhr verschiedene Änderungen ergeben. Medizinalcannabis mußte zu medizinischen Zwecken und unter staatlicher Kontrolle hergestellt werden und die Einfuhr war genehmigungspflichtig. Der Vertrieb erfolgt bislang auf Betäubungsmittelrezept in Apotheken. Durch die Cannabis-Freigabe wurde diese Regelung gelockert. Nun kann es auch auf online verschriebene Privatrezepte hin in Apotheken erlangt werden. Die Zahl der Verschreibungen ist danach sprunghaft angestiegen.

Hanf ist eine vielseitige Pflanze: Hanf als Genuß- und Suchtmittel

In der Regel werden bei Cannabis als Genuß- oder Suchtmittel die Wirkstoffe über das Rauchen von Joints aufgenommen. Andere Formen der Aufnahme sind sogenannte Edibles, d.h. in essbarer Form, z.B. sogenannter „Haschkekse“, oder mittels Inhalation durch Verdampfer. Der Erwerb erfolgte bislang illegal auf dem Schwarzmarkt, daher wurde er vor dem Inkrafttreten der neuen Gesetzgebung auch pauschal als „Schwarzmarkthanf“ bezeichnet. Auch der Anbau war illegal und in jedem Fall strafbewehrt.

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Was ist die Absicht hinter der Cannabis-Freigabe? – Zur allgemeinen Lage

Laut Angaben des Gesundheitsministeriums haben nach einer Erhebung in 2021 4,5 Mio. Erwachsene nach eigenen Angaben in den zurückliegenden 12 Monaten mindestens einmal Cannabis konsumiert (10,7% der Männer, 6,8% der Frauen). Am häufigsten in der Altersgruppe der 18- bis 24-Jährigen. Der Konsum habe laut der Bundesregierung in den vergangenen Jahren immer mehr zugenommen, obwohl er illegal war.

Daher sehe man die bisherige Politik als gescheitert an und erwarte von einer Verschärfung des Strafrechts keine Lösung.

Laut einer Untersuchung der Gesundheitsverwaltung des Berliner Senats zusammen mit der Fachstelle für Suchtprävention aus dem Jahr 2019 lag in Berlin das Durchschnittsalter des ersten Cannabiskonsums bei 14,6 Jahren. Es gibt Abhängige, die bis zu 7 Gramm täglich (entsprechend ca. 7-14 Joints) konsumieren. Es gibt bereits Konsumenten im Alter von 12 Jahren, die Gruppe der Konsumenten wuchs. Bereits in der jüngeren Altergruppe werde mehrmals wöchentlich auch schon auf dem Schulweg konsumiert.

Da man darin bereits eine Normalisierung des Konsums erkennen will, wird Handlungsbedarf gesehen.

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Was ist die Absicht hinter der Cannabis-Freigabe? – Gesundheitspolitisch

Gesundheitspolitisch werden die Änderungen dadurch begründet, dass bei auf dem Schwarzmarkt erworbenen Cannabis die Menge toxischer Beimengungen zugenommen habe und der tatsächliche Gehalt an Wirkstoff, d.h. THC, unklar sei. Bei den Beimischungen unterscheidet man Streckmittel, die das Gewicht und damit die Gewinnmarge der Händler erhöhen, und pharmakologisch hochwirksame Stoffe, die die Wirkung des Cannabis abwandeln oder verstärken. Auf diese Weise kann sogar Cannabis mit relativ niedrigem THC-Gehalt eine größere Wirksamkeit erlangen als reines Cannabis. Gleichzeitig sei aber auch der Wirkstoffgehalt (THC) in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten immer weiter angestiegen. Aktuell soll der THC-Gehalt aufgrund entsprechender Zucht bei pflegeleichten Pflanzen („Autogrower“) bei ca. 15%, bei ertragreichen Pflanzen mit der entsprechenden Pflege bei bis zu 25% liegen. Noch bis 1990 soll der Gehalt bei nur 4% gelegen haben.

Beurteilung der gesundheitspolitischen Absichten der Cannabis-Freigabe

Manche gesundheitspolitische Absichten soweit sie oben formuliert wurden, liegen im Bereich des Möglichen. Durch den Eigenanbau besteht eine Kontrolle über Beimengungen. Allerdings sagt der Eigenanbau zunächst auch nichts über den THC-Gehalt der eigenen Ernte aus oder ob die eigenen Pflanzen zuhause überhaupt gedeihen. In Anbauvereinigungen und in einem freien Handel gäbe es voraussichtlich die Fähigkeit für einen gelingenden Anbau, sofern sie nicht in den Blick der organisierten Kriminalität rücken – doch dies ist eine sicherheitspolitische Frage.

Erste Erfahrungen nach der Cannabis-Freigabe weisen darauf hin, dass Kosumenten verstärkt Rezepte für Privatpatienten nachfragen, um Medizinalhanf erwerben zu können, damit toxische Beimengen ausschließen und eine standardisiertere Wirkung erwarten dürfen. Dies wird von manchen als Argument für die Etablierung der zweiten Säule der Legalisierung genannt, während andere es als Argument sehen, gegen den Missbrauch von Privatrezepten vorzugehen, die teils ohne Untersuchung oder persönliche Vorstellung über das Internet erlangt werden.

Im Absatz über Medizinalhanf wurden bereits verschiedene Schwierigkeiten angesprochen. Insgesamt ist die Wirkung wissenschaftlich nicht ausreichend untersucht und viele Menschen scheinen sehr unterschiedlich auf die Wirkstoffe zu reagieren. Viele brechen Behandlungen wegen starker Nebenwirkungen ab. In der Medizin scheint es für die meisten Patienten immer bereits bessere Alternativen zu Cannabisprodukten zu geben.

Der Konsum von Cannabis als sogenanntes „Genussmittel“ hat negative gesundheitliche und gesellschaftliche Folgen. Bereits vor der Legalisierung stieg die Zahl der Einweisungen in die Psychiatrie signifikant an. Die erste Folge von Cannabiskonsum ist, wenn er regelmäßig erfolgt, die Sucht. Langzeitfolgen sind psychotische Störungen, affektive Störungen wie Depressionen und Angststörungen, Beeinträchtigung der Kognition, d.h. der Wahrnehmung, Gedächtnis und Leistungsfähigkeit. Es gibt auch körperliche Folgen, etwa Entwicklungsstörungen.

Gesundheitspolitische Neueinschätzung

Offenbar wurde nun in gesundheitspolitischer Hinsicht eine Neueinschätzung vorgenommen, nach der der Konsum von Cannabis als harmlos gilt. Dies ist die klare Aussage, die durch eine Legalisierung getroffen wird. Wenn die tatsächliche Harmlosigkeit einer Handlung Ursache dafür ist, dass ein Handeln legalisiert wird, ist das nachvollziehbar. Dies ist bei Cannabis, wie auch aus den vorangegangenen Ausführungen ersichtlich wird, aber nicht der Fall. Da der Konsum zudem als gesellschaftlich akzeptierter Normalfall angesehen wird, scheint eine weitere Ausbreitung des Konsums nicht mehr als primäres Problem gesehen zu werden, dem man entgegenwirken müßte.

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Was ist die Absicht hinter der Cannabis-Freigabe? – Sicherheitspolitisch

Wenn die Handlungen nicht illegal sind, unterliegen sie auch nicht der Strafverfolgung, so dass die Behörden von Polizei bis Justiz entlastet werden sollen. Zudem soll durch die Legalisierung der Verfügbarkeit der Schwarzmarkt zurückgedrängt werden und die Beschaffungskriminalität gesenkt werden.

Beurteilung der sicherheitspolitischen Absichten: Angebot und Nachfrage

Die sicherheitspolitischen Absichten sind fragwürdig. Dabei geht es nicht nur darum, ob Polizei und Justiz entlastet werden, weil Handlungen nun erlaubt sind, die es vorher nicht waren. Es geht auch darum, ob ein solches Vorgehen überhaupt legitim wäre. Legalisierung ist nicht gleich Legitimierung. Man kann ja nicht Polizei und Justiz entlasten, indem man beliebige Delikte legalisierte. Dies ist bei Mord wohl sehr offensichtlich.

In der Diskussion wird auch als Argument angeführt, dass ein Verbot entweder keine Auswirkungen habe oder dem Konsum nicht entgegenwirke. Das ist eine irrige Perspektive. Es ist zuerst einmal nicht bekannt, wie sehr ein Verbot dem Konsum entgegenwirkt. Richtig ist lediglich, dass der Konsum in den vergangenen Jahren stetig gestiegen ist, obwohl es verboten war. Verbote mögen aber auch eine bremsende Wirkung auf diese Zahlen haben. Einen Handlungsbedarf zugunsten einer Cannabis-Freigabe sehe ich daraus jedenfalls noch nicht als ableitbar an.

Es ist aber auch fraglich, ob die angestrebten Entlastungen überhaupt eintreten. Man kann annehmen, dass Abhängige weiter auf dem Schwarzmarkt kaufen, wenn sie die durch Beimengungen erzielte stärkere Wirksamkeit wünschen. Auch Gelegenheitskonsumenten werden weder in Anbauvereinigungen eintreten, noch Hanf selbst anbauen. Der Präsident der Bundesärztekammer, Dr. Klaus Reinhard, weist zudem darauf hin, dass nach Studienlage nach einer Cannabis-Freigabe die Zahl der Konsumenten steigt. Dies zeigt sich auch in der Zahl der damit verbundenen Behandlungen von Erwachsenen und auch Jugendlichen.

Es steigt aber nicht nur die Nachfrage durch ein höheres Angebot, sondern kommerzielle Unternehmen, die an Herstellung und Vertrieb beteiligt sind, haben hier auch ein kommerzielles Interesse, diese steigende Nachfrage nicht nur zu bedienen, sondern auch anzufeuern. Statt also den Schwarzmarkt zu ersetzen, wird der Markt durch zusätzliche Angebote und steigende Nachfrage vergrößert. Nach Erfahrungen aus anderen Ländern, in denen Cannabis freigegeben wurde, blieb der Schwarzmarkt bestehen.

Der Schwarzmarkt bietet mehr

Bei diesen Überlegungen blieb weiterhin unberücksichtigt, wie der Schwarzmarkt zurückgedrängt werden soll, wenn Konsumenten auch andere Substanzen nachfragen. Der Schwarzmarkt bietet den Konsumenten mehr als legalisiert werden kann. Auf dem Schwarzmarkt werden neben Cannabis auch andere Substanzen verkauft:

Nach aktuellen Untersuchungen nimmt der Kokain-Konsum zu und bei Fentanyl spricht man von einem rasanten Anstieg. Weitere Substanzen neben Kokain und Fentanyl wären rezeptpflichtige Schmerzmittel, Oxycodon („Morphium“) und Benzodiazepine („Valium“), Amphetamine („Speed“), MDMA und Metamphitamine („Crystal Meth“), Captagon, Opium, Heroin, PCP („Angeldust“), Crack, Ecstasy und andere. Dazu kommt eine Grauzone mit „legalen“ Drogen, die sich für eine effektive Gesetzgebung zu schnell verändert. Dabei reden wir nicht zuletzt von Neuen Psychoaktiven Substanzen (NPS), inkl. sogenannter „Legal Highs“ („Badesalz“). Nicht unproblematisch sind bei Jugendlichen auch Lachgas, Snus, Pouches, Nicopods und E-Zigaretten/E-Shishas („Vapes“; es gibt auch illegale Liquids, die nicht nur Nikotin, sondern auch u.a. THC enthalten), die legal bezogen werden. Der Verkauf von Tabak an Jugendliche ist weiterhin illegal.

Historischer Exkurs zu Angebot und Nachfrage von Drogen

Im 18. und 19. Jahrhundert war die Nachfrage in England nach Waren aus dem Fernost-Handel mit dem Kaiserreich China sehr hoch. Dazu gehörten nicht zuletzt Tee und Seide. Für britische Waren gab es aber in China keine Nachfrage. Das daraus resultierende Handelsdefizit versuchte die Kolonialmacht Großbritannien durch den Handel mit der Droge Opium aus seinen Kolonien in Afghanistan und Indien auszugleichen.

Der Opium-Konsum in China änderte sich daraufhin. Es wurde nun mit Tabak vermischt geraucht und fand schnell eine so große Verbreitung, dass es in China als gesellschaftliches Problem erkannt wurde. Er war bereits illegal, wurde aber nicht konsequent verfolgt. Das Kaiserreich verfügte daraufhin, das Opium britischer Händler zu beschlagnahmen und zu vernichten. Dies führte dann zu zwei Opiumkriegen, bei denen das Kaiserreich China dem moderneren Großbritannien nichts entgegensetzen konnte.

Im Zuge der Opiumkriege wurde de facto die Legalisierung des Opiumhandels erzwungen. Die Einfuhr von Opium stieg auf 6.500 Tonnen im Jahre 1880 und es gab 20 Millionen Abhängige. Später verdrängte einheimischer Anbau das britische Angebot. Der Import sank um die Jahrhundertwende tatsächlich um die Hälfte auf 3.200 Tonnen, allerdings betrug der eigene Anbau zu diesem Zeitpunkt bereits 22.000 Tonnen. Zu Anfang des 20. Jahrhunderts soll der eigene Anbau bei fast 40.000 Tonnen gelegen haben.

Bei Drogen bestimmt also weniger die Nachfrage das Angebot als das Angebot die Nachfrage. Wenn ein Markt mit Drogen geflutet wird, steigt mit dem Angebot auch die Nachfrage.

Beurteilung der sicherheitspolitischen Absichten: Organisierte Kriminalität

Die EUDA in Kooperation mit Europol geht davon aus, dass Konsumenten für illegale Drogen innerhalb der EU jährlich über 30 Milliarden Euro ausgeben. Für 2024 wird der Anteil von Cannabis dabei mit über 12 Mrd. beziffert. Dabei erweist sich der Drogenmarkt als sehr flexibel und anpassungsfähig gegenüber Veränderungen. Selbst die Beschlagnahmung größerer Mengen hat keine Auswirkung auf Verfügbarkeit oder Preise. Dies spricht dafür, dass weit mehr erfolgreich geschmuggelt als beschlagnahmt wird. Darüber hinaus scheinen illegale Aktivitäten häufiger dort stattzufinden, wo die Gesetze ohnehin für die Konsumenten offener sind.

Durch die Cannabis-Freigabe ergeben sich auch neue negative sicherheitspolitische Folgen. So können auch Schwarzmarkt-Dealer seltener verhaftet werden, weil mitgeführte Cannabismengen innerhalb der neuen Toleranzen liegen. Die Polizei kann dabei auch nicht sicher nachvollziehen, ob das Cannabis aus legalem oder illegalem Anbau stammt. Nach Erfahrungen aus Spanien und den Niederlanden werden legale Anbauvereinigungen und auch Coffeeshops durch Schwarzmarkthändler übernommen und mit ihren Geschäften verflochten. Im Rahmen organisierter Kriminalität können legale Geschäfte als Fassade für das Waschen von Geld und Drogen dienen. Dabei können z.B. Einnahmen aus illegalem Drogenhandel u.a. über den legalen Verkauf von Zubehör gewaschen werden. Auf diese Weise werden Ermittlungen der Polizei schwieriger und aufwendiger.

Nach aktuellen Berichten nimmt darüber hinaus die Gewalt zwischen konkurrierenden Netzwerken signifikant zu. Dazu zählten nicht nur Bedrohung und Körperverletzung, sondern auch Folter, Morde und Entführungen. Auch die damit zusammenhängende Korruption stelle eine zentrale Bedrohung für die EU dar, heißt es weiter. Organisierte Kriminalität zeigt sich nicht nur im Drogenhandel, sondern auch in Menschenhandel, Zwangsprostitution, Schutzgelderpressung, Bombenanschlägen, Schleusen und Schmuggel, Geldfälschung, Geldwäsche und auch in legalen Geschäften.

Schwarzmarkt nicht bedroht durch legales Angebot

Wenn es eine Herausforderung für legale Anbauvereinigungen oder spätere legale Anbieter sein soll: Wie sollen sie auf legale Weise konkurrenzfähig sein, wenn sich organisierte Kriminalität den Markt bereits aufgeteilt hat und Verteilungskämpfe auch mit Waffengewalt ausgetragen werden? – Es scheint, als würden die sicherheitspolitischen Absichten nicht nur verfehlt, sondern die Cannabis-Freigabe die Situation mittelfristig sogar verschlechtern. – Diese Fragen werden übrigens von Modellversuchen gar nicht erfaßt, da die organisierte Kriminalität den Markt genau beobachtet und flexibel wahrscheinlich erst auf eine Änderung der allgemeinen Bedingungen reagieren wird.

Nicht zuletzt da die Drogenkriminalität häufiger dort aktiver ist, wo die Gesetze ohnehin für die Konsumenten freizügiger sind, und sich mit legalisierten Angeboten verschmelzen, sollten die Konsumenten wahrnehmen, dass ihr Konsum unmittelbar die organisierte Kriminalität fördert und die Gesellschaft in eine Welt und Zukunft führt, die sich ehrbare und gesetzestreue Menschen nicht wünschen können.

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Was ist die Absicht dahinter? – Cannabis-Freigabe und Jugendschutz?

Aufgrund des Mindestalters für die Mitgliedschaft von Anbauvereinigungen und der Geltung der Freigaben für Volljährige und die damit angestrebte Rückdrängung des Schwarzmarktes soll der Jugendschutz mit der Freigabe besser sein als ohne die Freigaben. Wenn Jugendliche mit Cannabis erwischt werden, sollen die Erziehungsberechtigten und ggf. Einrichtungen der Jugendhilfe informiert werden und sie sollen ggf. an Frühinterventionsprogrammen teilnehmen.

Beurteilung der Absicht zum Jugendschutz

Nur weil Minderjährige nicht über Anbaugemeinschaften versorgt werden, bedeutet dies nicht, dass sie kein Cannabis mehr konsumierten. Vielmehr bedeutet das, dass allein schon diese Gruppe den Schwarzmarkt auch für Cannabis am Leben erhalten wird.

Fraglich bleibt auch, wie groß der Einfluss der Erziehungsberechtigten oder ihr Engagement in der Frage des Konsums der Kinder ist. Viele Eltern scheitern dabei bereits an Fragen des Alkohol- oder Nikotinkonsums ihrer Kinder. Wenn die Eltern schimpfen, gehen die Kinder vielleicht auf ihr Zimmer und stecken sich erstmal einen Joint an, um die nervenden Alten zu vergessen. Ebenso fraglich bleibt, wie gut die Jugendhilfe für diese Aufgabe aufgestellt ist und wie die Frühinterventionsprogramme aussehen sollen oder ob es z.B . genügend Angebote und Plätze gibt. Die Bestimmungen dazu bleiben vage und wirken wie ein Feigenblatt.

Die Position der Erziehungsberechtigten, der Lehrer und der Hilfsangebote und ihr Einfluss wird durch eine Legalisierung maßgeblich geschwächt. Das nenne ich einen starken Einfluss eines Verbotes und der Strafverfolgung auf den Konsum. Wie soll man Jugendliche von der Gefährlichkeit und dem Risiko der Abhängigkeit überzeugen, wenn Erwachsene einfach konsumieren dürfen? Jeder erwachsene Konsument ist dann ein schlechtes Vorbild. Diese Politik hat ein Glaubwürdigkeitsproblem. Verbot und Strafverfolgung machen auch eine klare Aussage: Diese lautet, dass der Konsum gesellschaftlich unerwünscht ist und als strafwürdig angesehen wird. Wer trotzdem konsumiert, dem drohen Konsequenzen. Dies mag nicht nur Jugendliche davon überzeugen, dass der Konsum eine schlechte Idee ist.

Ein besserer Jugendschutz kann mit einer Legalisierung nicht erzielt werden. Damit wird diese Zielgruppe völlig verfehlt.

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Was ist die Absicht dahinter? – Finanzpolitisch?

Die Bundesregierung hat im Zuge der Gesetzgebung ausdrücklich kein finanzpolitisches Ziel benannt. In der Diskussion finden sich aber Überlegungen dazu. Ausgehend von einer kompletten Legalisierung inklusive freiem Anbau und Handel mit Cannabis bezifferte der Wirtschaftswissenschaftler Justus Haucap 2021 den fiskalischen Effekt auf ca. 4,7 Mrd. Euro jährlich. Der Betrag sollte sich zusammensetzen aus ca. 1,8 Milliarden Euro jährlich durch eine Cannabissteuer, Mehreinnahmen von insgesamt ca. 735 Mio. Euro bei Körperschaft-, Gewerbe- und Umsatzsteuer sowie durch von ihm geschätzt ca. 27.000 neu entstehende Arbeitsplätze Mehraufkommen von ca. 526 Mio. Euro an Sozialbeiträgen und von ca. 280 Mio. Euro an Lohnsteuer. Einsparungen bei der Strafverfolgung schätzte er auf ca. 1,05 Mrd. Euro und bei der Justiz auf ca. 313 Mio. Euro jährlich.

Die Annahme beruhte aber nicht auf der nun aktuellen Gesetzgebung. Da der Handel nach der aktuellen Gesetzgebung nicht freigegeben ist, entfallen die größeren Anteile dieser Rechung. Darüber hinaus mögen die Einsparpotentiale bei Polizei und Justiz überschätzt sein, da sich die Tätigkeiten von Polizei und Justiz schließlich nicht in der Strafverfolgung im Bereich Cannabis erschöpfen. Darüber hinaus eröffnet er keine Gegenrechnung, z.B. auf Grundlage einer möglichen höheren Belastung für das Gesundheitssystem, für das Berufsleben oder wegen allgemeingesellschaftlicher Folgen.

Eine solche Absicht wäre zudem aufgrund aller Einschlüsse illegitim. Diese möglicherweise bestehende und unausgesprochene finanzpolitische Absicht werde ich im folgenden vernachlässigen.

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Beurteilung der Modellregionen: Wer soll beteiligt sein?

Obwohl die Modellversuche nicht gestartet sind und sie nach dem Regierungswechsel im Bund vielleicht auch nicht starten werden, gehe ich hier doch auf Planungen ein, wie sie vor allem für Hannover und Frankfurt konkretisiert wurden.

Vorgesehen war eine Kooperation der Städte Hannover und Frankfurt, der Klinik für Psychiatrie, Sozialpsychiatrie und Psychotherapie der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), dem Institut für Suchtforschung (ISFF) der Frankfurt University of Applied Sciences (Frankfurt UAS), der privatwirtschaftlichen Sanity Group (Berlin) und dem Cannabis Socialclub Hannover e.V. (CSC).

In den beiden Stadtgebieten sollten jeweils drei Verkaufsstellen durch die Sanity Group eröffnet werden, in denen dann über die kommenden 5 Jahre Studienteilnehmer Cannabis kaufen können sollten. Andere Städte planten einen Verkauf durch Apotheken.

Bis zu 4.000 Konsumenten zwischen 18 und 21 Jahren mit Wohnsitz in der Stadt sollten einen pseudonymisierten Teilnehmerausweis erhalten, der die Ausgabe und Konsummuster nachvollziehbar machen sollte. Die Menge, bzw. der THC-Gehalt, sollte durch die gesetzlichen Bestimmungen begrenzt sein. Eine Weitergabe sollte zum Ausschluss führen.

Was sind die Ziele des Modellversuchs?

Es sollen Erkenntnisse gewonnen werden, ob und wie sich legaler Erwerb auf das Konsumverhalten, d.h. Häufigkeit, Veränderungen bei der Auswahl des THC-Gehalts und ggf. Wechsel auf andere Produkte mit geringeren Gesundheitsrisiken, auswirkt und welche Auswirkungen sich auf Gesundheits- und Jugendschutz sowie den Schwarzmarkt ergeben.

Es sollen aber nicht nur Erkenntnisse gewonnen werden, sondern es sind auch Hoffnungen mit den Modellversuchen verbunden, die sich auf positive Auswirkungen des eigenen Eingriffs in das Untersuchungsfeld beziehen.

Konsumenten sollen in Beratungsangebote übergeleitet werden. Man erhofft sich eine bessere Integration der Konsumenten in das Hilfesystem, eine Verringerung von Konsumrisiken, eine Verbesserung des Jugendschutzes und eine Verdrängung des illegalen Marktes.

Es sollen sichere Rahmenbedingungen für die Abhängigen geschaffen werden und dadurch das Gesundheitssystem entlastet werden.

Wie sollen die Ziele erreicht werden?

Die Teilnehmer sollten regelmäßig an wissenschaftlichen Befragungen teilnehmen. Dabei handelt es sich in der Regel um standardisierte Onlineinterviews, die statistisch ausgewertet werden. Dabei war eine Kontrollgruppe zu den Projektteilnehmern vorgesehen, die aus Mitgliedern eines Vereins zur Förderung der Cannabiskultur mit dem Ziel weiterer Legalisierung bestehen sollte, der auch eine Anbauvereinigung ist.

Über den Teilnehmerausweis (Kundenkarte) und einen QR-Code auf Verpackungen werden Daten über genutzte Verkaufsstellen und monatlich im Projekt legal erworbene Cannabismengen und -sorten (wg. unterschiedlicher THC-Gehalte) generiert. Dies soll die auch individuelle Kontrolle des Konsumverhaltens und die Beschränkung des legalen Verkaufs auf gesetzlich zulässige Mengen ermöglichen.

Durch den auf den Verpackungen aufgedruckten QR-Code kann außerdem die Herkunft des Cannabis bestimmt werden und ob die mitführende Person auch der Käufer war. Damit kann ggf. eine Weitergabe erkannt und der Käufer aus dem Modellversuch ausgeschlossen werden.

Die auf diese Weise erhaltenen Daten sollen die Auswirkungen eines regulierten und strukturierten Zugangs zu Cannabis erkennbar machen. Die Daten sollen zeigen, ob der Modellversuch erfolgreich war und die gesteckten Ziele und Hoffungen erreicht hat.

Das Verkaufspersonal soll für den direkten Kontakt geschult werden, um Fragen der Konsumenten beantworten zu können. Darüber hinaus soll es Konsumverhalten ansprechen und die Konsumenten zu Beratungsangeboten führen.

Für die Studienteilnehmer sollen Workshops angeboten werden, in denen sie für ein bewussteres und reflektiertes Konsumverhalten („Safer-Use und Konsumkompetenz“) sensibilisiert werden.

Beratungs- und Präventionsangebote sollen generell erweitert werden. Dabei sollen neben jungen Erwachsenen auch Kinder und Jugendliche berücksichtigt werden.

Ein Erfahrungsaustausch der beteiligten Städte soll die Erkenntnisse vertiefen.

Beurteilung des Modelldesigns: Grundprobleme

Die gewonnene Datenlage basiert hauptsächlich nur auf standardisierten Befragungen und Verkaufszahlen. Sie bleibt daher zwangsläufig nicht nur lückenhaft, sondern rudimentär.

Ein Grundproblem standardisierter Erhebungen sind der Hang zu gewünschten Antworten. Es besteht also das Risiko, dass die Abhängigen den Befragern die Antworten geben, von denen sie meinen, dass diese sie erwarten oder wünschen. Es besteht darüber hinaus das Risiko der Lüge. Gerade bei einem sensiblen Untersuchungsfeld wie Drogenkonsum scheint dieses Risiko ein besonderes Gewicht zu haben, Cannabis-Freigabe hin oder her.

Damit wird das wissenschaftliche Zentrum des Modellprojekts erschüttert. Es erscheint zudem als fragwürdig, einen Verein mit politischen Interessen am Untersuchungsgegenstand als Vergleichsgruppe heranzuziehen.

Eine Alternative könnten wiederholte (monatliche?) systematische medizinische Reihenuntersuchungen und breit angelegte Drogenscreenings für die beteiligten Drogenabhängigen sein. Ein solches Vorgehen sprengte aber sicherlich den Personal- und Kostenrahmen. Darüber hinaus ginge davon sicherlich eine abschreckende Wirkung für potentielle Teilnehmer aus. Die Auswahl der Studienteilnehmer basierend auf Freiwilligkeit ist ohnehin problematisch. Eine Ausweitung eines solchen Vorgehens auf die Gesamtbevölkerung wäre theoretisch denkbar, aber erscheint praktisch unrealistisch.

Es handelte sich aber trotzdem um ein weit solideres Forschungsdesign. Es ist wie in der Kriminalistik: Tatortspuren und gesicherte Beweise sind eine objektive Grundlage und besser als (teils auch widersprüchliche) Zeugenaussagen oder sogar als Geständnisse, die beide auch falsch sein können.

Beurteilung des Modelldesigns: Hoffnungen

Mit den als Zielen benannten Hoffnungen sind Werturteile verbunden, die zum reinen Erkenntnisinteresse der werturteilsfreien Wissenschaft hinzutreten.

Einige Hoffnungen erscheinen zwar löblich, werden aber durch den Modellversuch gar nicht tangiert. Wie soll eine Verbesserung des Jugendschutzes festgestellt werden, wenn Kinder und Jugendliche gar nicht Teil des Modellversuchs sind? Wie sollen dazu überhaupt auch nur valide Erkenntnisse gewonnen werden?

Man könnte annehmen, dass die Hoffnung der Verringerung von Konsumrisiken bereits durch das legale und kontrollierte Angebot realisiert würde. Allerdings ergeben sich hier massive blinde Flecken in der Wahrnehmung. Es ist unklar, wie sich Konsumenten mit heimischem Anbau und Mitglieder von Anbauvereinigungen beteiligen. Wie viele von diesen werden zusätzlich Studienteilnehmer und wie groß wird ihr Anteil an den Studienteilnehmern sein? Wie soll darüber hinaus objektiv erfaßt werden, ob die Studienteilnehmer über die gesetzlich begrenzten Mengen hinaus nicht zusätzlich auf dem Schwarzmarkt kaufen? – Sie dazu nur zu befragen, ist keine verläßliche Basis.

Beurteilung des Modelldesigns: Hoffnungen zum Schwarzmarkt

Theoretisch denkbar wäre auch, dass im Modell erhaltenes reineres Cannabis bei den Straßendealern gegen eine geringfügig größere Menge eingetauscht wird, diese das Cannabis dann vielleicht sogar mit den Zusatzstoffen strecken, die das Modell ausschließen will, und es dann mit Gewinn als größere Menge wieder auf den Markt bringen. In der Folge könnte der Schwarzmarkt so vom Modellversuch sogar profitieren.

Wie soll überhaupt die Verdrängung des Schwarzmarktes festgestellt werden? Ich sehe in der Anlage des Modellversuchs nirgends ein Instrument, das hier zum Erkenntnisgewinn beitrüge. Gehen die Forschenden wirklich davon aus, dass sie durch die Befragung der drogenabhängigen Teilnehmer zu objektiven Erkenntnissen gelangen?

Die organisierte Kriminalität agiert planvoll und intentionell. Warum sollten sich kriminelle Organisationen wissenschaftlich untersuchen lassen und an gut gemeinten Modellversuchen beteiligen?

Die Polizei würde es sehr freuen, wenn nicht nur der Straßendealer an der Hausecke, sondern das Handeln der organisierten Kriminalität einfach studiert und beobachtet werden könnte. Dann hätten die illegalen Handlungen auch Verhaftungen zur Folge. Eine Beobachtung des „Schwarzmarktes“ im Rahmen der Modellversuche ist dagegen reine Rhetorik. Die erhoffte „Verdrängung des Schwarzmarktes“ durch ein legales Angebot bleibt daher eine reine Mutmaßung.

Beurteilung des Modelldesigns: Hoffnungen zum Gesundheitssystem

Bei der Hoffnung, dass das Gesundheitssystem entlastet werde, stellt sich zuerst die Frage, wie dies erzielt werden soll und wie valide Daten dazu erhoben werden sollen. Es wird nahegelegt, dass dies durch die Schaffung sicherer Rahmenbedingungen für die Abhängigen und die Hinführung zu Beratungsangeboten erfolgen soll. Dahinter muss das Ziel stehen, den Konsum der Abhängigen in Intensität und Häufigkeit zu reduzieren und bestenfalls auch Abstinenz zu erzielen. Das Ziel der Abstinenz, d.h. Abhängige zum Entzug zu bewegen, wird an keiner Stelle benannt und mutmaßlich auch im Rahmen der Cannabis-Freigabe weitestgehend aufgegeben.

Im Design des Modellversuchs werden kommerzielle Anbieter für den Verkauf in den Modellversuch eingebunden. Diese werden im Rahmen des Modellversuchs mit bis zu 4.000 potentiellen Kunden pro Stadt in Kontakt gebracht. Die Interessen politisch motivierter Befürworter und das kommerzielle Interesse der Händler gehen Hand in Hand und zielen auf einen Erfolg des Modellversuchs und die Realisierung der zweiten Säule der Cannabis-Freigabe.

Es stellt sich allerdings die Frage, ob sich das Ziel der Reduzierung des Drogenkonsums nach einer Freigabe des Handels überhaupt realisieren läßt, wenn das kommerzielle Interesse des Händlers eher darin vermutet werden muss, für den Erfolg seiner Unternehmung Kunden zu halten, seinen Umsatz zu steigern und neue Kunden zu gewinnen.

Da es an dieser Stelle wohl nur möglich ist, Zahlen zur Teilnahme an Workshops und Beratungen zu gewinnen, nicht aber unbedingt zum Erfolg der Beratung, sehe ich die Erfüllung der Hoffnung auf Reduzierung des Konsums durch dieses Mittel als Wunschdenken an.

Interessant ist in diesem Zusammenhang eine Betrachtung der Zahlen zu Aufnahmen in den Entzug. Dieser schien allerdings ja nicht mehr zu den Zielen des Modellversuchs zu gehören. Man darf aber vielleicht sogar erwarten, dass die Zahlen hier nicht nur unverändert bleiben, sondern nach der Cannabis-Freigabe sogar sinken. Dies kann man als kontraproduktiv werten.

Beurteilung des Modelldesigns: Kriterien für ein Scheitern?

Wie sieht ein Scheitern eines Modellversuchs aus und unter welchen Bedingungen wird ein Versuch abgebrochen? – Dafür sind keine klaren Kriterien definiert. Das bedeutet aber auch, dass ein Ergebnis in jedem Fall positiv im Sinne einer politisch und kommerziell gewünschten Freigabe interpretiert werden wird. Der Modellversuch bietet keine Grundlage für eine objektive und verläßliche Beurteilung und bleibt so für politische Interpretation offen.

Die Modellregionen werden die offenen Fragen nicht beantworten. Sie taugen nicht. Den Ergebnissen wird die Relevanz fehlen. Problematisch ist nicht zuletzt auch, dass zwar die Hoffnungen in Bezug auf den Cannabiskonsum geäußert, aber andere Drogen, die auch weiterhin illegal sind, in den Ausführungen ausgeblendet werden.

Die Modellversuche sollen mehrfach im Abstand von ein bis zwei Jahren durch die jeweilige Bundesregierung beurteilt werden. Dabei sollen auch kriminalistische Erkenntnisse einbezogen werden. In meinen Augen sind sie bereits vom Design her gescheitert.

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Cannabis-Freigabe: Über den neuen Eigen-Anbau von Cannabis

Legalisiert wurde der Eigenanbau von drei Pflanzen. Dies wirft die Frage auf, wie hoch der Ertrag daraus sein wird. Verschiedene Quellen gestehen dazu einmütig ein, dass man darüber keine genauen Angaben machen könne. Wichtige Faktoren sind die Sorte, Genetik, Umgebungs-, bzw. Anbaubedingungen (Licht, Wasser, Belüftung, Nährgrund, Dünger), aber auch das sogenannte „Training“ der Pflanzen – und damit zentral die botanischen Fähigkeiten des Anbauers. Der Ertrag hängt auch davon ab, ob der Anbau indoor oder outdoor erfolgt. Es sei denkbar, dass man einmal jährlich (outdoor) ernten könne oder sogar monatlich. Der Zyklus beträgt indoor in der Regel zwischen 8-12 Wochen, es gibt aber auch schnellere Sorten (4 Wochen) mit entsprechend geringerem Ertrag. Indoor kann nach einer Ernte die nächste Pflanze gezogen werden. Je nach Kompetenz des Anbauers kann eine Ernte ein kaum nutzbares Ergebnis liefern (Anfänger) oder aber größere Mengen (nach Erfahrung des Anbauers), die weit jenseits der erlaubten Mengen liegen.

Eigenanbau: Ertrag

Der Ertrag mancher einzelner Pflanzen wird mit theoretisch bis zu 800 Gramm indoor angegeben. Es können in Brutschränken 3 Pflanzen in 3 verschiedenen Stadien mit 3 unterschiedlichen Erntezeiten herangezogen werden oder mit allen 3 Pflanzen eine größere Ernte erfolgen. In Foren wird bereits diskutiert, ob bei einer zu großen Ernte Teile der Ernte vernichtet werden müßten, um die Legalität des Anbaus zu gewährleisten. Dabei werden Feucht- und Trockenmasse unterschieden und der Unterschied soll in einem Gewichtsunterschied von 4:1 bestehen. Beim Vergleich ist zu beachten, dass es Angaben der Feucht- oder Trockenmasse pro Pflanze gibt oder auch pro Quadratmeter.

Rechnerisch wäre also eine große Ernte mit 3 Pflanzen von 2.400 Gramm möglich, die dann 600 Gramm Trockenmasse ergäben und damit ca. 1.800 Joints (ein Joint enthält in der Regel 0,25gr-1gr Cannabis), wo der Besitz von 50 Gramm (in etwa 150 Joints) im Hause erlaubt wäre. Diese Rechnung basiert allerdings auf nur vereinzelt angegebenen Spitzenwerten und optimalen Bedingungen und Fähigkeiten.

Durchschnittlich werden manche Sorten angegeben mit einem Ertrag pro Pflanze (feucht) von 450-500gr indoor und 650-1000gr outdoor. Gerne wird dem gesetzeskonform ein Wert von ca. 50gr (oder ca. 25-100gr) Ertrag pro Pflanze indoor (trocken) gegenübergestellt, der wohl keine optimale Fürsorge voraussetzt. Aber auch wenn man dann von einer 8-wöchigen Ernte mit 3 Pflanzen von 400gr (feucht) ausgeht, hat der Konsument 100gr (trocken), entsprechend 5gr täglich, die für einen in jedem Fall mißbräuchlichen Konsum von ca. 15 Joints täglich (oder je nach Gehalt 5-20 Joints) für die nächsten 2 Monate sprechen. Die Haltbarkeit der Ernte wird mit 6-12 Monaten angegeben, nach denen irgendwann Veränderungen im Geruch und ein Abbau der Wirkstoffe eintritt. Schimmel kann bei falscher Lagerung auftreten.

Eigenanbau: Kosten

Die grob geschätzten Kosten für den Anbau von 3 Pflanzen liegen in der Anschaffung des technischen Zubehörs bei ca. 1.200 Euro, sowie für den Betrieb der Anlage, hauptsächlich durch Energiekosten, bei ca. 700-1.300 Euro jährlich. Bei mehr Pflanzen sinken die Kosten. Dies dient nur der groben Orientierung.

Eigenanbau: Beurteilung

Der Eigenanbau ist nicht nur schwer kontrollierbar, sondern verleitet fähige Anbauer geradezu zu exzessiverem Konsum und zum Handel. Durch eigenen Anbau nimmt das Cannabis bei den Abhängigen einen noch weit größeren Teil des Lebens ein, der sich um Anbau, Ertrag und Konsum dreht. Die jährliche Stromrechnung könnte sich zudem zur Kostenfalle entwickeln, da es einfacher ist von Joint zu Joint zu rechnen als auf die jährliche Stromrechnung zu sparen. Dies kann vermehrt zu Stromdiebstahl und Beschaffungskriminalität führen. Andere mag die Komplexität abschrecken und sie ihren Konsum über Anbauvereinigungen und weiterhin den Schwarzmarkt decken lassen.

Private Anbieter von Anbauzubehör und auch von Samen und Pflanzen scheint es bereits reichlich zu geben. Die Legalisierung von Cannabis hat bereits vorab eine große und einflußreiche Lobby entstehen lassen, die im Gegensatz zur Politik von der Erwartung geleitet wird, dass Markt und Nachfrage rasant wachsen und sie daran verdienen werden. Dies steht der Absicht der Politik, den Konsum als Problem anzusehen und den Mißbrauch zu senken, diametral entgegen. Sprich: Das Problem wird durch den Eigenanbau größer.

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Geruch von Cannabis: Intensität

Cannabis riecht sehr intensiv. Die Pflanzen riechen. Joints und der Konsum durch Rauchen oder Verdampfen selbst riechen. Die Konsumenten riechen und ihre Kleidung und Umgebung auch. Konsumenten ist das oft bewußt, und zumindest solange der Besitz verboten war, haben sie überlegt, wie man den verräterischen Geruch verschleiern könnte.

Bereits geringste Mengen, wie ein Joint in einem Rucksack oder wenn jemand 1 Gramm Cannabis mit sich führt, können von der Umgebung deutlich wahrgenommen werden. Erlaubt ist nach der Cannabis-Freigabe der Besitz von 25 Gramm. Im öffentlichen Personennahverkehr bemerkt man sofort, wenn jemand im Abteil Cannabis mit sich führt, vor kurzem konsumiert hat oder bis vor kurzem im Abteil war. Manche Konsumenten verwenden spezielle Beutel mit Aktivkohle, um den Geruch unterwegs zu reduzieren. Der Kiffer kann sich aber nicht ganz einpacken.

Auch beim Anbau von Cannabis werden massive Gerüche frei. Eine blühende Pflanze ist intensiv in größerem Umkreis zu riechen. Anbauer versuchen dies mit Luftfiltern und Raumsprays zu reduzieren. Zudem wird der Geruch durch Lüftung, die auch die Gesundheit der Pflanzen sichern soll, auf einen größeren Umkreis verteilt. Dies wird auch für Streit in Nachbarschaften sorgen und Beschwerden werden unbeachtet verhallen.

Nach Berichten ist es in manchen Städten mit legalem Gebrauch so, dass man dem Geruch von Cannabis kaum entgehen kann. Dies gilt nicht nur für Amsterdam, wo es eine Bürgerinitiative gegen den Cannabistourismus gibt, sondern auch für New York, wo sich professionelle Tennisspieler bei einem internationalen Turnier beschwerten, dass der Geruch zumindest ihre Trainingsstätten kontaminiert und damit ihr Training und auch das Turnier störte.

Geruch von Cannabis: Ursache

Es gibt ganz allgemein verschiedene Pflanzen, die mehr oder weniger intensiv riechen. Der Geruch erfüllt für die Pflanzen oft einen Sinn wie entweder das Anlocken von Bestäubern oder die Abwehr von Schädlingen. Für die Abwehr von Schädlingen enthält z.B. der Geruch von Tabak das Gift Nikotin. Auch die Hanfpflanze riecht, um Schädlinge abzuwehren.

Ursache des Geruchs sind verschiedene Stoffe, die die Pflanze absondert und die zur Wirkung des Cannabis beitragen: Der Geruch des Cannabis transportiert somit auch Wirkstoff. Das kennt man bereits vom Passivrauchen von Tabak und dem Nervengift Nikotin.

Geruch von Cannabis: Vergleich mit anderen Gerüchen – Wirkung

Manche Befürworter argumentieren, dass man im öffentlichen Personennahverkehr verschiedene Gerüche wahrnehmen könne, die oft unangenehm sind. Es kann Schweiß-, Körper- oder Mundgeruch sein, Ausdünstungen von Essen, Flatulenzien, Uringeruch oder eine volle Windel, Erbrochenes oder eine zu starke Dosierung von Parfüm oder Rasierwasser. Wir kennen die Umstände oft nicht und können nicht sagen, inwieweit die Träger des Geruchs dafür auch verantwortlich sind. Das ist eine intime Frage. Manche dieser Gerüche begegnen uns seltener als andere, anderen kann man besser aus dem Weg gehen, da sie nicht weit reichen. Das gilt dann vielleicht auch für den Geruch von Tabak oder einer Alkoholfahne.

Was ist der Unterschied zur Wahrnehmung von Cannabis? – Der Geruch ist wesentlich intensiver und weitreichender. Während man vom Wahrnehmen einer Alkoholfahne nicht gleich selbst einen Vollrausch erfährt, transportiert Tabakgeruch sehr wohl das Gift Nikotin. Aber jemand der Urin- oder Schweißgeruch wahrnimmt, macht sich nicht selbst in die Hose und fängt in der Regel auch nicht an, deswegen zu schwitzen.

Es geht bei dem Unterschied also nicht nur um Intensität und Reichweite, sondern auch um Wirkstoffe, die mit dem Geruch transportiert werden und eine psychoaktive Wirkung. Zudem gibt es einen Einfluss der mit dem Geruch transportierten Stoffe auf die Aufnahme des THC durch den Körper und den Hormonhaushalt.

Geruch von Cannabis: Objektivierung der Wahrnehmung

Geruch wird nicht von allen Menschen gleich wahrgenommen. Auf Webshops, die Pflanzen oder Anbaumaterialien anbieten wird von den Gerüchen in höchsten Tönen geschwärmt. – Den meisten Nichtkonsumenten stinkt es einfach nur. Das gilt für die Beschreibung des Geruchs ebenso wie für die Intensität. – Generell stört es manche Menschen mehr, manche weniger.

Der Zoll nutzt an Warenumschlagsplätzen und im Transit Drogen- und Sprengstoffspürhunde, da diese eine feinere Nase haben. Es ist aber auch möglich, die Verbreitung und Intensität technisch und objektiv zu erfassen. Der technische Fortschritt der vergangenen Jahre schließt auch elektronische Spürnasen ein. Diese analysieren die Bestandteile der Luft und können Partikel von Gerüchen nach Art, Herkunft und Intensität bestimmen.

Es ist schwer, über Dinge zu reden, die unterschiedlich wahrgenommen werden. Die Objektivierung der Wahrnehmung ist damit die Grundlage, Sachverhalte sachlich festzustellen. Dies gilt mit Blick auf die elektronischen Spürnasen auch für Gerüche, bzw. gänzlich unabhängig von menschlicher Wahrnehmung für die Bestandteile der Luft. So kann man unter anderem auch die Wirkung von Nikotin oder Cannabis nachweisen, selbst wenn sie nicht von Menschen gerochen werden.

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Cannabis-Freigabe schwächt Nichtraucherschutz

Nicht nur in Deutschland sollen Nichtraucherschutzgesetze Nichtraucher vor dem Passivrauchen schützen. Flankiert wird dieser Schutz durch Hausordnungen, die teils über die allgemeinen Bestimmungen hinausgehen. Der Schutz gilt nicht nur für Zigaretten, Zigarillos, Zigarren und Pfeifen, sondern zumindest teilweise auch für die neuen elektronischen Gerätschaften. Die Schädlichkeit des Passivrauchens gilt bereits beim Tabak als gesichert und gilt ebenso für Cannabis. Nicht alles, was nach Rosenduft riecht, ist auch Rosenduft.

Leider funktioniert dieser Schutz nicht immer und überall so, wie er sollte. So sagt die Hausordnung der Deutschen Bahn AG z.B., dass auf den Bahnsteigen nur in gekennzeichneten Raucherzonen gequalmt werden dürfe. Allerdings kontrolliert es niemand und die Raucher interessiert es weitestgehend nicht. Zudem sind mit den Maskengebotsschildern der Coronazeit auch viele Nichtraucherschilder von den Bahnsteigen verschwunden. Niemand liest die kleingedruckten Aushänge der Hausordnung, und Raucher reagieren auf Hinweise und Beschwerden vollkommen ignorant und drehen sich bei Ansprache einfach weg oder geben freche Antworten. Es ist auch nicht Aufgabe der Fahrgäste die ganzen Raucher auf den Bahnsteigen auf ihr Fehlverhalten hinzuweisen. Selbst Bahnmitarbeiter steigen beim Halt kurz aus, um auf dem Bahnsteig auch außerhalb von Raucherzonen zu qualmen.

Je nach Wind ist schon ein Raucher hinreichend, damit man ihn auf dem gesamten Bahnsteig riecht. Durch Cannabiskonsumenten wird die Lage massiv schlechter werden. Intensität und Wirkung sind bereits thematisiert worden.

Passivrauchen ist Körperverletzung

Nach einem Urteil des Amtsgerichts Erfurt handelt es sich um Körperverletzung, wenn jemandem absichtlich Zigarettenrauch ins Gesicht geblasen wird. Dann muss aber auch die Kontamination der Luft mit Cannabis im öffentlichen Personennahverkehr und darüber hinaus als Körperverletzung gewertet werden. Körperverletzung ist eine Straftat und erfordert ein Eingreifen der Polizei, bzw. Strafverfolgung.

Auch wenn Cannabis nur durch Passivrauchen aufgenommen wurde, kann ein Drogentest positiv ausfallen. Es kann im Blut, im Urin oder den Haaren nachgewiesen werden. Für das Autofahren wurde zwar der Grenzwert erhöht, aber der Gesetzgeber unterscheidet nicht, ob die Wirkstoffe durch aktives Rauchen oder passiv aufgenommen wurden. Die Abbauprodukte sind lange im Körper und können noch nachgewiesen werden, wenn der Konsument keine Wirkung mehr zu spüren meint oder der Betroffene nur passiv kontaminiert wurde.

Spätestens mit der Cannabis-Freigabe muss klar sein, dass Nichtraucher nicht nur durch aktiv rauchende Mitreisende geschädigt werden, sondern durch alle Konsumenten, von denen eine giftige oder psychoaktive Wirkung ausgeht, weil sie z.B. erst kurz zuvor konsumiert haben oder Material mit sich führen.

Cannabis-Freigabe: Verbotszonen

Die neue Cannabisgesetzgebung sieht auch Verbotszonen vor, die weiter reichen als die Gesetzgebung für den Nichtraucherschutz. So ist es verboten, in der Gegenwart von Minderjährigen Cannabis zu konsumieren, sowie in oder auch nur in der Sichtweite (100m) von Schulen, Kinder- und Jugendeinrichtungen, Spielplätzen, öffentlichen Sportstätten, während der Geschäftszeiten (7-20 Uhr) in Fußgängerzonen oder in Sichtweite des befriedeten Besitztums von Anbauvereinigungen.

Anders als beim Rauchen von Tabak darf man dort mit Cannabis also nicht einfach in einer Pause vor die Tür gehen und konsumieren. Allerdings wird man sehen müssen, ob der Unterschied nicht nur gerochen, sondern auch gesehen und entsprechend bestraft werden kann.

Im Falle von Cannabiskonsum oder Anbau in der Wohnung sieht die Sache schwieriger aus. Im Prinzip ist beides im festgelegten Rahmen legalisiert worden. Der Geruch von Cannabis kann in der Hausordnung thematisiert werden und dann auch abgemahnt werden. Theoretisch wäre dann auch eine Kündigung eines Mietvertrages denkbar. Praktisch muss dann aber ein objektiver Nachweis geführt werden und die Angelegenheit kann schnell aufwendig werden. Manch Nachbar mag das scheuen und auch dem Konflikt aus dem Wege gehen wollen. Manch Anbauer oder Konsument mag ignorant oder frech reagieren und es darauf ankommen lassen.

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Zwischenfazit: Neueinschätzung der Selbstgefährdung ist keine hinreichende Begründung für die Cannabis-Freigabe

Manche erhoffen sich von der Cannabis-Freigabe eine Verbesserung des Jugendschutzes. Vieles scheint aber dafür zu sprechen, dass diese Hoffnungen nicht nur nicht erfüllt werden, sondern im Gegenteil die Situation schwieriger wird und Kinder und Jugendliche stärker gefährdet werden als zuvor. Die Zielgruppe der Jugendlichen wird nicht durch direkte Änderungen angesprochen und auch indirekt völlig verfehlt. Sie sind keine wirkliche Zielgruppe der Cannabis-Freigabe.

Die Sensibilisierung für gefährliche Beimischungen beim Cannabis hat dazu geführt, dass manche Konsumenten verstärkt versuchen, medizinisches Cannabis zu erhalten. Der Zugang zum medizinischen Cannabis wurde im Rahmen der Cannabis-Freigabe vereinfacht. Allerdings war es nicht intendiert, dass Konsumenten ohne akute medizinische Indikation online erhältliche Privatrezepte nutzen, um es in Apotheken zu kaufen. Für viele Patienten gibt es zudem effektivere Medikamente mit weniger Nebenwirkungen als Cannabis, um ihre Leiden zu lindern. Der Zweck, schädliche Beimengungen auszuschließen wird so zwar erfüllt, aber die neue Bundesregierung sieht darin einen Mißbrauch der Privatrezepte für den „Genuß“. Sofern die organisierte Kriminalität sich nicht dem Eigenanbau und den Anbauvereinigungen zuwendet, könnten auch dadurch die Beimengungen verringert werden. Diese Hoffnung kann aber durch kriminelle Kreativität enttäuscht werden.

Die Frage der Selbstgefährdung durch Cannabis, die politisch wohl neu beurteilt wurde, ist in dieser Debatte vielleicht die unwichtigste Frage. Sie alleine kann die neue Drogenpolitik der Cannabis-Freigabe nicht rechtfertigen.

Die Gefährdung anderer wurde ebenso außer acht gelassen wie andere mögliche negative Auswirkungen der Cannabis-Freigabe. So erscheint es widersprüchlich, die Cannabis-Freigabe und erhöhte Verfügbarkeit -auch durch hohe Erträge im Eigenanbau- mit einer Hoffnung auf einen Rückgangs des Konsums in Zusammenhang bringen zu wollen. Es genügt auch nicht, Abhängige durch eine Entkriminalisierung ins Licht ziehen zu wollen und so mit Präventiv- und Beratungsangeboten zu erreichen, wenn diese keine Einsicht zeigen und auch keinerlei Notwendigkeit sehen, sich aus ihrer Abhängigkeit zu lösen.

Zwischenfazit: Hoffnungen an die Cannabis-Freigabe scheitern, Absicht werden nicht erreicht

Sicherheitspolitisch sind zwar vor der Hand viele Handlungen weiterhin illegal, wie etwa der unkontrollierte Straßenhandel mit Cannabis, aber während sich in Bezug auf die vielen anderen Angebote auf der Straße und die generelle Drogenproblematik nichts durch die Cannabis-Freigabe ändert, scheinen die neuen Regelungen sich praktisch wie eine Legalisierung des kleinen Schwarzmarktes für Cannabis auszuwirken. Auch Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass der Schwarzmarkt durch eine Cannabis-Freigabe nicht zurückgedrängt, sondern eher gefördert wird. Aktivität nimmt zu, Straßendealer können sich freier bewegen, weil die Polizei ihnen weniger nachweisen kann, und die organisierte Kriminalität stößt in die neuen legalen Möglichkeiten vor und breitet sich weiter aus.

Die neue Gesetzgebung und ihre Cannabis-Freigabe scheitert in Bezug auf ihre Hoffnungen zum Jugendschutz, zur Sicherheitspolitik und weitestgehend auch zur Gesundheitspolitik.

Das einzige, was übrig bleibt, ist eine Neueinschätzung der Risiken des Cannabiskonsums für die Konsumenten selbst. Diese Frage betrifft auch hauptsächlich nur die Konsumenten selbst. Sie können sich nun selber einreden, dass alles nicht so schlimm sei, sorgenfrei weiter konsumieren und die Notwendigkeit von Beratung, Reduzierung ihres Konsums oder des Anstrebens von Abstinenz verleugnen. Eine solche Neueinschätzung bleibt nicht nur strittig, sondern greift zu kurz. Zu viele andere Aspekte blieben unberücksichtigt, wie nicht zuletzt die Gefährdung anderer und deren Recht auf ein Leben frei vom Drogenkonsum der Konsumenten, frei auch von dadurch verursachter Übelkeit und Kopfschmerzen. Gesellschaftliche Akzeptanz sieht anders aus als die gerümpften Nasen in der U-Bahn, wenn auch nur einer was dabei hat.

Die neue Gesetzgebung der Cannabis-Freigabe erweist sich in Bezug auf ihre Hoffnungen als kontraproduktiv. Sie richtet Schaden an. Die Drogenpolitik muss eine andere werden.

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Abseits der Absichten: Die vergessene Mehrheit

Cannabiskonsumenten argumentierten vor der Cannabis-Freigabe oft, dass ihr Verhalten kriminalisiert werde, obwohl der Konsum von Tabak und Alkohol legal sei. Sie beschrieben die gesundheitlichen Folgen ihres Konsums als harmloser als den Missbrauch der beiden legalen Suchtmittel. Die Illegalität sahen sie als unnötige Einschränkung ihrer Freiheit.

Verwiesen wurde auch oft auf Cannabis-Freigaben in anderen Ländern. Tatsächlich gibt es aber auch eine gegenläufige Entwicklung: Diese zeigt sich z.B. am verbesserten Nichtraucherschutz, der sicherlich noch verstärkt werden wird. Cannabis- wie auch Nikotinkonsum schaden nicht nur den Rauchenden selbst, sondern nötigen andere zum Passivrauchen.

Es gilt der Grundsatz, dass die Freiheit des Einzelnen an der Freiheit der Anderen seine Grenze findet. Dies ist in meinen Augen das entscheidende Argument. Diese Anderen, d.h. die Nichtkonsumenten, werden durch den Cannabiskonsum Einzelner geschädigt.

Die von den Konsumenten eingeforderte „Freiheit“ ist keine, sondern lediglich Hedonismus und Egoismus, die sie versklavt durch ihre Lüste (Sucht, Abhängigkeit) tyrannisch und ignorant gegenüber anderen durchsetzen wollen.

Die Cannabis-Freigabe schränkt die Freiheit und Selbstbestimmung der Nichtkonsumenten ein. Die Gesetzesinitiative hat die Nicht-Konsumenten und ihre Rechte vergessen und übergangen.

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Eine andere Drogenpolitik: Besserer Nichtraucherschutz!

Der Nichtraucherschutz muss deutlich verbessert werden. Die Raucherzonen auf Bahnsteigen werden von den meisten Rauchern spätestens seit der Coronapandemie nicht mehr beachtet und die Mißachtung bleibt folgenlos.

Ich pladiere daher für eine Abschaffung der Raucherzonen und eine Durchsetzung des Rauchverbots auf Bahnsteigen.

Dazu plädiere ich für eine Ausweitung der Regelungen auch auf andere Wartebereiche, etwa für Busse und die Zugänge zur U-Bahn. Es kann nicht sein, dass der Aschenbecher an der Treppe als Markierung einer Raucherzone verstanden wird statt als Aufforderung, die Zigarette zu löschen, während alle Reisenden diese Bereiche durchqueren müssen.

Kinder und Nichtkonsumenten müssen den ÖPNV, den Arbeitsplatz (die KiTa, die Schule), das Wohnumfeld, den Garten, Einkaufsbereiche, Fußgängerzonen, Parks, Sport- und Freizeiteinrichtungen ungestört nutzen können. Auf diese Weise muss es jedem Bürger möglich sein, ein Leben frei von Nikotin, Cannabis und anderen Drogen zu führen.

Das ist Freiheit und Selbstbestimmung.

Die aktive Handlung alleine ist nicht entscheidend

Es ist nicht alleine die Handlung entscheidend, ob jemand aktiv an einer Zigarette oder an einem Joint zieht oder ihn glimmend in der Hand hält. Es zählt der wahrnehmbare Geruch und darüber hinaus der Nachweis der Kontamination der Luft. Der Grenzwert für die Fahrtauglichkeit mit dem Automobil ist dabei nicht entscheidend. Es gilt, sich am Recht der Nichtkonsumenten zu orientieren, von jeder Kontamination verschont zu bleiben. Gerade Cannabis ist aber auch nach passivem Konsum nachweisbar.

Die Luft kann auch kontaminiert werden, wenn jemand Cannabis nur mit sich führt, wenn er es nach kürzlichem Konsum noch ausatmet, es ausdünstet oder Stoffe des Cannabis von seiner Kleidung und Taschen ausgehen. Diese Kontamination kann bei Nichtkonsumenten Schwindel, Ekel und Übelkeit auslösen und ihnen den Atem rauben. Sie muss auch im Licht meiner früheren Ausführungen zum Geruch als Körperverletzung gewertet werden.

Nichtraucherschutz technisch unterstützen

Ich plädiere daher für den Einsatz elektronischer Spürnasen im gesamten öffentlichen Personennah- und Fernverkehr. Das reicht von den Türen von Bussen und Bahnen, zu Bahnhofsgebäuden, vor Bahnsteigen und an Wartebereichen. Diese Spürnasen sind mittlerweile sehr leicht zu beschaffen und günstig in der Anschaffung. Manch Konsument mag sich solch ein Gerät auch zur Selbstkontrolle beschaffen.

Neben Nikotin und Cannabis könnten sie auch auf Sprengstoffe und bestimmte Chemikalien reagieren, z.B. solche, die für die Herstellung synthetischer Drogen genutzt werden. Außerdem können sie als Rauchmelder vor Feuer warnen. Grenzwerte sollten nur Fehlalarme ausschließen und ansonsten niedrig angesetzt werden. Alarme müssen Wirkung zeigen, etwa von einem Ausschluss von der Beförderung und Platzverweis, über Geldbußen bis hin zu Verhaftungen, je nachdem, um was es geht.

Cannabis-Freigabe: Heimischen Anbau zurücknehmen

Um jede Kontamination des Wohnumfelds auszuschließen und damit auch nachbarschaftlichen Konflikten vorzugreifen soll der heimische Anbau untersagt werden. Auch drei blühende Cannabis-Pflanzen sind nicht hinnehmbar, nicht einmal eine.

Cannabis-Freigabe: Macht mich nicht an!

Wenn es nicht alleine auf aktive Handlungen wie das Rauchen eines Joints ankommt, sondern auf eine schwerer feststellbare Kontamination der Luft, müssen Verbotszonen nicht die Ausnahme, sondern die Regel sein.

Nach der Cannabis-Freigabe und nun geltendem Recht ist der Konsum gerade in Anbauvereinigungen untersagt. Ich plädiere daher für eine Umkehrung der Regelung:

Vor dem Hintergrund der bisherigen Ausführungen plädiere ich für ein Verbot der Mitführung von Cannabis. Dies käme auch einer vereinfachten Strafverfolgung der organisierten Kriminalität zugute. Medizinisches Cannabis in geruchslosen Darreichungsformen ist vor dem Hintergrund der Begründung davon ausgenommen, erfordert aber medizinische Indikation und ein Rezept.

An dieser Stelle argumentiere ich dafür, den Cannabiskonsum auf dem Besitz von Cannabisvereinigungen zu legalisieren und auf diesen Ort zu beschränken. Konsumenten müssen zwangsweise Mitglied in einer Cannabisvereinigung werden, weil sie nur dort legal konsumieren dürften. Der Konsum erfolgt nur dort, wo der Stoff auch hergestellt wird. Die Vereinigungen dürfen bereits jetzt nicht in Wohngebieten liegen und müßten Maßnahmen treffen, eine weitere Kontamination der Umgebung auszuschließen. Konsumenten müßten zudem vor dem Verlassen dafür Sorge tragen, dass sie die Luft nicht mehr kontaminieren. Dazu empfehlen sich auch Luftschleusen mit Dekontaminationseinrichtung.

Die Vereinigungen unterlägen dann einem strengen Dokumentationsregime und entsprechenden Kontrollen. Auch wenn immer von „kontrolliertem Konsum“ gesprochen wird, bleibt sonst meistens die Frage, wer kontrolliert. Damit wären diverse Ziele verwirklicht, die mit der Politik der Cannabis-Freigabe benannt wurden, wie etwa eine sichere Konsumumgebung, Verringerung von Konsumrisiken, Jugendschutz, Nachvollziehbarkeit des Konsums und eine bessere Strafverfolgung der organisierten Kriminalität. Auch Beratungs- und Präventionsangebote können über Anbauvereinigungen erfolgen. Wem dieser Ort für den „Genuß“ des Cannabis nicht genügt, der sollte wegen seiner Abhängigkeit therapiert werden oder für seinen Unwillen und die Gefährdung anderer bestraft werden.

Und schließlich blieben Kinder und andere Nichtkonsumenten von der Kontamination durch Cannabis in ihrem Leben verschont. –

Kifft mich nicht an!

Macht mich nicht an! – Kifft mich nicht an! – Es ist unser Recht und unsere Freiheit.

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Ausgewählte Links zur Cannabis-Freigabe

Gesetzesgrundlage der Cannabis-Freigabe

Modellregion Hannover/Frankfurt

Darreichungsformen und Risikobewertung

Allgemeinen Lage zu Drogen

Allgemeinen Lage zu Drogen zur Zeit der Cannabis-Freigabe

  • Stop de gekte op de Wallen (dt.: Stoppt den Irrsinn im Wallen (Amsterdam))
  • Sex und Drogen – wie Amsterdam sein Image ändern will.
  • Neues Image für Christiania: „Pusher Street“ in Kopenhagen ist Geschichte.

Eigenanbau und Ertrag nach der Cannabis-Freigabe

Geruch von Cannabis

Passivrauchen

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Ein Gedanke zu „Cannabis-Freigabe: Memorandum

  1. Es wurde im Beitrag noch eine Quelle zur Allgemeinen Lage zu Drogen ergänzt:

    Sechs Monate Cannabis-Freigabe in Deutschland
    Gewerkschaft der Polizei (GdP) vom 27.09.2024.

    Es wurden einige kleine Fehler berichtigt und zwei kleine Punkte klarer gestellt.

    Interessierte können auf Nachfrage eine 2. Edition des Beitrags als PDF
    zugesandt bekommen.

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